Das eigene Pferd Was es kostet und worauf du beim Kauf achten musst

Immer wieder kommen Schüler auf mich zu, welche sich den Wunsch vom eigenen Pferd erfüllen möchten und um fachkundigen Rat bitten. Leider stelle ich hierbei immer wieder fest, dass den wenigsten wirklich bewusst ist, was ein eigenes Pferd denn tatsächlich kostet.
Vorab kommt es natürlich erstmal darauf an, was der Schüler denn mit dem Pferd erreichen möchte. Möchte er nur gemütlich ins Gelände gehen und das Pferd auf dem Platz gymnastizieren? Möchte er zu Hause ein bisschen Dressur und Springen reiten und vielleicht auch hin und wieder mal einen Reitertag besuchen?`Soll das Pferd im unteren Turniersport eingesetzt werden oder handelt es sich sogar um einen ambitionierten Reiter, welcher ein Pferd sucht, was sich auch für den gehobenen Sport eignet?
Wenngleich sich in meinem Kundenstamm all diese „Reitertypen“ tummeln, so sind die meisten doch ambitionierte Freizeitreiter, die ggf. mal im E/A evt, auch L Bereich unterwegs sind / sein möchten und einen Allrounder suchen.
Was erstmal recht harmlos klingt ist tatsächlich ein wenig, wie die Nadel im Heuhaufen zu suchen, denn den unkomplizierten, gesunden und leichtrittigen Allrounder findet man leider nicht an jeder Straßenecke.
Was sollte das durchschnittliche Freizeitpferd also mitbringen?
In aller erster Linie – und da sollte man wirklich keine Kompromisse machen – muss das Pferd gesund sein! Dabei ist es nun nicht dramatisch, wenn kleinere Auffälligkeiten auf den Röntgenbildern zu sehen sind – irgendwas findet man immer und wir suchen schließlich keinen Hochleistungssportler! Ein Röntgentüv Kl. 1 ist fast unmöglich zu finden, ein 2er die Regel und idR vollkommen unbedenklich. Ein TÜV der Kl. III kann tatsächlich auch unbedenklich sein, je nachdem, welcher Befund genau vorliegt, wie alt das Pferd ist, wie der Allgemeinzustand ist (gut trainiert, sonst fit). Hier muss man tatsächlich im Einzelfall entscheiden. Liegt jedoch ein TÜV der Kl. 4 vor – Finger weg!
Viel wichtiger als der Röntgentüv ist hingegen die klinische Ankaufsuntersuchung – während ich nur bei Auffälligkeiten (z.B. Exterieurmängeln oder optischen Mängeln, Überbeinen, Gallen oder Narben z.B.) zum Röntgen rate, sollte eine Klinische AKU IMMER durchgeführt werden.
Hierbei werden neben dem Begutachten des Allgemeinzustandes auch die Augen, Atemorgane/PAT-Werte und der Bewegungsablauf des Pferdes begutachtet. Sowohl im Ruhezustand / auf gerader Linie als auch unter Belastung – meist an der Longe. Ebenso dazu gehört die Beugeprobe und wie ich immer wieder empfehle: eine umfassende Blutuntersuchung. Letzteres nicht nur, aufgrund möglicher Mangelerscheinungen sondern insbesondere wegen möglichen Dopings (Stichwort Beruhigungs-/Schmerzmittel). Der Verkäufer kann euch noch so nett erscheinen – Betrug gibt es leider auch im Pferdehandel – und das leider nicht so selten wie man denken mag.
Was ich immer wieder höre ist: Wenn der bei der Klinischen nicht lahm geht, dann brauche ich den auch nicht zu Röntgen. Hierzu kann ich nur soviel sagen: WENN der bei der Klinischen Lahm geht, dann Röntge ich ganz sicher nicht, denn wenn der Lahm ist, dann ist der lahm! Sowas kauft man bitte, bitte definitiv nicht! Auch wenn das Pony noch so süß guckt! Finger weg!
Ist der sonst unauffällig und alles andere tippitoppi, dann kann man – nach Rücksprache mit dem Tierarzt – ggf. einen Folgetermin vereinbaren und schauen, ob er dann immer noch lahmt – auch ein Pferd kann sich mal vertreten oder was zerren – ist das Pferd beim Folgetermin lahmfrei, DANN würde ich ggf. den betroffenen Bereich Röntgen und/oder schallen um sicher zu stellen, dass da nichts verschleiert wurde (hier sind wir wieder beim Punkt Dopingtest...).
Wovon ich auch immer nur vehement abraten kann: Exzemer oder Chronische Huster. Die dadurch entstehenden Folgekosten können utopisch hoch sein! Auch ein recht verbreitetes Problem: Koppende Pferde. Hier kommt es tatsächlich aufs jeweilige Pferd an. Steht der 23/7 drin oder im schlecht konzipierten Offenstall, hat ständig stress, dann kann es sein, dass das Koppen bei Optimierung der Haltungsbedingungen weg ist. Kann. Nicht muss. Auch gibt es Pferde, die durch das Koppen gerne Koliken – Finger weg! An sonsten: Gastroskopie machen lassen, Magen checken. Sehr häufig haben diese Pferde Magengeschwüre / Entzündungen / … Bei Koppern würde ich also tatsächlich individuell abwägen. Vorausgesetzt, sonst ist alles ok.
Was auch im Zuge einer AKU beurteilt wird, ein erfahrener Pferdemensch (den man beim Kauf immer dabei haben sollte) aber auch schon beim besichtigen feststellen sollte: Liegen den massive Exterieurmängel vor? Fehlstellungen der Gliedmaßen und/oder Hufe? Extrem schlechte Winkelungen, suboptimale Halsungen, Senkrücken, falsche Bemuskelung,... auch hier natürlich je nach Einzelfall abwägen, aber bei massiven Auffälligkeiten: Finger weg! Da sind spätere Schäden durch Fehlbelastungen vorprogrammiert.
So, wir wissen nun: Gesund soll es sein. Was muss der durchschnittliche Allrounder denn noch mitbringen?
Genau: Das passende Interieur.
Klar im Kopf muss er sein! Möglichst unerschrocken, nicht übersensibel aber auch nicht vollends unsensibel. Aufmerksam und dem Menschen zugewandt / positiv eingestellt.
Treten, Beißen, den Menschen Umrempeln oder ohne Rücksicht auf Verluste zum nächsten Grashalm zerren sollte es möglichst unterlassen. Einiges davon kann man mit der passenden Erziehung kitten, hat man jedoch einen der bei der kleinsten Gelegenheit beißt oder tritt, dann lasst da bitte die Finger von. Wer weiß, was das Tier schon erlebt hat und ob man das so ohne weiteres in den Griff bekommt. Nicht vergessen: Ihr seid Hobbyreiter, ihr wollt Spaß haben, also sucht euch ein Pferd, mit dem nicht nur ihr Spaß habt, sondern das auch mit dem Menschen Spaß hat (hierbei bitte gemeinsam mit dem Menschen, nicht auf dessen Kosten ? ).
Gesundheit, Exterieur, Interieur – Check.
Kommen wir doch mal zu den Grundlegenden Eigenschaften.
Dem „Durchschnittsreiter“ empfehle ich immer ein Pferd, welches bereits aus dem Flegelalter raus ist, aber noch gut und gerne viele Jahre fit sein dürfte. IdR sprechen wir hier von 7-14J.
In diesem Alter haben die meisten Pferde auch bereits eine solide Grundausbildung genossen und kennen so einiges. Von der Größe her sollte das Pferd einfach zu Körpergröße und Gewicht des Menschen passen. Für ein 8J Kind sollte man also kein 1,70m Warmblut kaufen – selbst wenn das noch so brav ist, es sind einfach 700kg Lebendmasse die zudem auch eine gewisse Breite mitbringen (Stichwort Überlastung des im Wachstum befindlichen Körpers des Kindes insbesondere im Hüftbereich!). Soll nun Mutti das Pferd mitreiten, so macht es natürlich auch keinen Sinn, dem Kind ein 1,20m Pony zu kaufen. Ich finde es immer sinnvoll, zumindest ein so großes Pferd zu kaufen, dass ein erfahrener, leichter aber dennoch erwachsener Reiter das Tier ggf. auch mal Korrekturreiten kann. D.h. 1,35/1,40m aufwärts sollte es schon sein. Bestenfalls kein breiter Tinker sondern eher ein sportlicher Haflinger oder ein Reitpony (da wären wir wieder beim Thema Rückenbreite des Pferdes / Hüftbelastung des Kindes).
Also: Die Größe des Pferdes wählen wir je nach Körpergröße und Gewicht des Reiters unter Beachtung des Mitreitens durch eine erfahrene Person.
Hier auch leider immer wieder gerne gehört: Man ist recht schwer aber nicht groß, wie wäre es denn da mit einem Isländer? Nein – Isländer sind KEINE Gewichtsträger! Auch viele Tinker oder Haflinger sind das nicht! Nicht die Masse des Pferdes oder dessen Breite ist hier relevant, sondern die Beschaffenheit / Massivität der tragenden Gliedmaßen. Da sind wir wieder beim Thema Exterieur und Stellungsfehler. Können die Gelenke / Knochen denn überhaupt eine Mehrbelastung ab? Oder haben wir so dünne Röhrbeine, dass die das eigene Gewicht schon kaum schadlos tragen können? Man spricht idR von 10-20% des Eigengewichts des Pferdes als tragfähiges Gewicht. Das hängt aber eben sehr stark von gewissen Faktoren ab wie z.B. dem Exterieur, dem Ausbildungsstand, der Bemuskelung und – nicht zu unterschätzen – dem können des Reiters! Stichwort Balance!
Weiter geht’s mit dem Ausbildungsstand. Nicht selten kommt es vor, dass ich etwas perplex angeschaut werde, wenn ich die Freizeitgerittenen Tinker, Hafis oder auch Warmblüter, die brav ins Gelände gehen und keine Unarten haben postwendend zur Seite lege und mich statt dessen auf Pferde mit Ausbildungsstand A/L konzentriere. „Aber ich will doch nur Freizeitmäßig reiten“ höre ich dann oft. Ich bin ja nun doch ein großer Freund des Sarkasmus und des doch manchmal recht fiesen Humors. Wer mich kennt, der wundert sich wohl nicht, wenn ich denjenigen dann Frage ob er ein oder zwei Jahre reiten und danach spazierengehen möchte, denn dann wäre so ein braver Freizeittinker sicherlich eine Möglichkeit.
Wie bereits weiter oben erwähnt: Essentiell ist die Gesundheit des Pferdes!
Ein Pferd, welches nicht gelernt hat, das Reitergewicht gesunderhaltend zu tragen, seine Last mehr aufs Hinterbein zu verlagern, sich zu dehnen und den Rücken über die Umliegenden Muskeln zu unterstützen, während es von hinten nach vorne losgelassen und taktklar durch den gesamten Körper schwingt, wird früher oder später gesundheitliche Probleme davon tragen!
Also ja, wer das mag, der kann sich gerne eine Hafi, Tinker oder Isi kaufen – gar kein Problem! Aber auch hier bitte nur mit umfassender Grundausbildung und das sprechen wir nunmal von einem Ausbildungsstand analog mindestens der Kl. A.
Ob das Tier nun auch Turnierplatziert ist, das ist mir bei jemandem, der nicht aufs Turnier will schnuppe. Wenn jmd. jedoch Ambitionen hat oder auch nur eventuell, vielleicht, womöglich irgendwann mal Ambitionen dafür entwickeln könnte, dann achte ich hier tatsächlich drauf, denn das Pferd kann noch so gut ausgebildet sein, wenn es nicht die Nerven für den Sport hat (hier sind wir wieder beim Stichpunkt Interieur), dann bringt das nichts! Bei manchen gibt sich das mit der Zeit und viel Geduld, bei anderen hingegen auch nicht. Die geraten da einfach unter massiven Stress und dann ist das eben auch einfach kein Pferd für den Turniersport. Wichtig ist hier also auch auf jeden Fall: Was will ich womöglich irgendwann einmal tun und eignet sich dieses Pferd auch wirklich dafür?
Wenn sich also mein Durchschnittsschüler (Jugendlicher, Ambitonierter Freizeitreiter) an mich wendet schaue ich idR nach einem Geländesicheren, unerschrockenen, leichtrittigen Reitpferd mit Ausbildungsstand A/L, was schonmal Turnier gelaufen ist und sich hierbei zumindest ganz gut angestellt hat, was souverän einen kompletten Parcours springt, easy im handling ist, über ein korrektes Exterieur mit einwandfreiem Interieur verfügt und gesund ist.
Wir suchen also die Eierlegende Wollmilchsau.
Nachdem wir nun also wissen, was wir suchen stellt sich noch die Frage nach dem Kaufpreis für solch ein Pferd. Wenn ich dann also nach dem Budget frage, merke ich im selben Moment meine innere Anspannung, welche mir wie ein Mantra ununterbrochen vorbetet: „Bitte lass es realistisch sein und fang mir jetzt nicht mit 3000€ an.“
An dieser Stelle sei erwähnt: Ja, man kann auch den 6er im Lotto haben und ein tolles 3000Euro Pferd bekommen. Realistisch ist das aber leider nicht.
Für das oben genannte „Durchschnittspferd“ setze ich einen Preisrahmen von 6000-12000€ an.
Abhängig von Größe, Alter, Optik und Qualität variiert das dann eben.
Anders sieht es natürlich aus, wenn das Pferd auch Qualität für den gehobenen Sport mitbringen oder später in beiden / drei Sparten in L oder höher laufen soll, dann geht’s eben irgendwo in den 5 Stelligen Bereich und knackt auch schnell mal die 20ter Marke. Die meisten Reiter brauchen solch ein Pferd jedoch nicht.
Nun haben wir ein Budget von 10t Euro. Juhu, dafür können wir definitiv was ordentliches finden.
Doch haben wir auch an den Rest gedacht? Rücklagen? Ausrüstung?
Ein guter Sattel kostet zwischen 1000 und 5000€ je nachdem ob gebraucht oder neu, Maßanfertigung oder „von der Stange“. Haben wir ein Pferd mit top Exterieur und sehr guter bemuskelter Sattellage haben wir hier schonmal massive Vorteile.
Trense, Decken, Gamaschen und er ganze Kram kommt gut und gerne auch nochmal auf 500-1000€ je nachdem ob es denn nun die Eskadron Schabbi in 5 verschiedenen Farben mit passendem Restzubehör sein muss oder obs auch eine einfache Ausstattung sein darf.
Ist das neue Pferd nun im Stall ist die Freude groß, doch wenn es plötzlich Kolikt, in die Klinik auf den OP Tisch muss und man nun eine Rechnung über 5000€ bekommt schwindet diese sehr schnell.
Stichwort: Rücklagen!
Und Stichwort für im Voraus denkende: OP Versicherung. Zahlt nicht alles, lohnt sich aber meist trotzdem.
Bevor ich aber mit meinen Kunden losziehe und nach ihrer Eierlegenden Wollmilchsau suche spreche ich immer die laufenden Kosten an, denn das ist etwas, was leider viel zu oft unterschätzt wird.
In einem meiner früheren Artikel habe ich über Pensionspreise berichtet. Ich findet diesen Artikel hier:
 
Gehen wir aber mal von einem „Durchschnittsstall“ im „Durchschnittsgebiet“ aus, dann können wir an Stallmiete schonmal 300-350€ Rechnen. Hinzu kommt ggf. Zusatzfutter, welches gut und gerne auch nochmal bis etwa 50€ betragen kann. Dann haben wir noch den Schmied (Ausschneiden ca 35€, Beschlag 80-130€ jeweils alle 6-8 Wochen). Macht nochmal 20-70€/Monat. Sagen wir hier mal 40€. Versicherungen: Haftfplicht und OP ca 40€. Unterricht (ja, auch als Pferdebesitzer ist das unerlässlich, auch wenn man noch so toll reitet ? ) nochmal 4x 20€ (natürlich variiert auch das stark aber wir gehen mal von günstigem 30Minutigem Einzelunterricht aus).
Macht 325 (Durchschnittspension) + 25 (Zusatzfutter) + 40 (Schmied) + 40 (Versicherung) + 80 (Unterricht) = 510€
Da ist noch keine Wurmkur (60/Jahr), Impfungen (50-150/Jahr), Zahnarzt (150/Jahr), Ostheo/Physio (auch etwa 150/Jahr) und kleinkrams mit drin. Und wir haben hier jeweils die Idealkostenvorstellung. Das kann auch gerne mal viel, viel höher ausfallen.
Kurzum:
Startbudget miniminiminimum 10t, besser 15-20t
Monatsbudget minimum 500€, besser 600-700€
Und ja – natürlich kann man auch ein 3000€ Pferd mit 2000€ Ausstattung für 300€ monatlich halten. Man kann vieles. Aber was man vor allem hervorragend kann ist auf die Schnauze fallen und sich hinterher beschweren, man sein nicht vorgewarnt worden.
In diesem Sinne: Fröhlichen Pferdekauf.
Foto: Rubis & Rosis Interpretation der pferdischen Wollmilchsau

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